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Franz Joseph Dölger-Institut

zur Erforschung der Spätantike

Geschichte des Instituts

Franz Joseph Dölger
Franz Joseph
Dölger

Franz Joseph Dölger promovierte im Jahr 1904 mit einem Thema, das aus dem Bereich der damals unter den katholischen Theologen noch umstrittenen Dogmengeschichte stammte: "Das Sakrament der Firmung historisch-dogmatisch dargestellt" (Studien der Leo-Gesellschaft 15, Wien 1906). Doch schon während der Arbeit an dieser Schrift erkannte er, wie tief viele der Formen, in denen sich der neue christliche Glaube ausdrückte, im Boden seines nichtchristlichen Umfelds, sowohl des griechisch-römischen wie des jüdischen, verwurzelt waren. So trat er 1904 seine Romreise als Stipendiat des Studienfonds Aschaffenburg an mit dem Ziel, "eine klare Erkenntnis mitzubringen, wie sich das frühe Christentum mit der antiken Kultur auseinandergesetzt hat".

Diese Frage wurde zum Thema seiner wissenschaftlichen Lebensarbeit; er selbst spricht darüber kurz in der Einführung zu dem ersten der sechs Bände von "Antike und Christentum", in denen er von 1929 bis zu seinem Tod sukzessive die Ergebnisse seiner Detailstudien veröffentlichte.

Theodor Klauser
Theodor
Klauser

Im Jahr 1935 - Dölger lehrte inzwischen an der Universität Bonn - fassten drei Schüler Dölgers - Helmut Kruse (1908-1999), Theodor Klauser (1894-1984) und der niederländische Latinist Jan Hendrik Waszink (1908-1990) - den Plan, die für das junge Christentum wichtigen Realien nach der Methode ihres Lehrers systematisch in Form eines Lexikons aufzuarbeiten. Neben Dölger sagte auch Hans Lietzmann (1875-1942) seine besondere Mitwirkung zu. Auf dem Kongress für Klassische Archäologie in Berlin 1939 stellte Klauser den Plan des zunächst auf drei Bände berechneten "Reallexikons für Antike und Christentum" (RAC) vor; die Resonanz unter den Fachkollegen war gut, viele sagten ihre Mitarbeit zu, und 1941 konnte die erste Lieferung vorgelegt werden. Trotz der Behinderungen durch den Zweiten Weltkrieg ging die Arbeit am RAC weiter; bei Kriegsende war Band 1 bis auf eine Lieferung vollendet. Der Neuanfang nach dem Ende des Kriegs jedoch gestaltete sich schwierig: Dölger und Lietzmann waren verstorben, Kruse gab aus beruflichen Gründen seine akademische Laufbahn auf, Waszink, dessen Familie während des Kriegs sehr unter den Deutschen gelitten hatte, stand einer Fortführung des RAC als deutsches Unternehmen zurückhaltend gegenüber, Klauser musste beim Wiederaufbau des Wissenschaftsbetriebs innerhalb Deutschlands vielfältige Aufgaben übernehmen. So trägt der vollendete 1. Band des RAC erst das Jahr 1950 als Erscheinungsdatum, wobei, heute unverständlich, die von nationalsozialistisch geprägten Autoren verfassten Artikel unverändert übernommen wurden (RAC und Nationalsozialismus).

Bei einem Bombenangriff auf Bonn waren viele bereits vorliegende Manuskripte mit Klausers Wohnung vernichtet worden. Klauser, dem inzwischen klar geworden war, dass die Zeit für ein knapp zusammenfassendes Lexikon für das Gebiet von "Antike und Christentum" noch nicht reif war und dass wirklicher Fortschritt nur durch Erstforschung in Sinne Dölgers zu erreichen sein würde, nutzte die Notwendigkeit, diese Artikel neu beschaffen zu müssen, um dem Unternehmen einen größeren Maßstab zu geben. Er war sich bewusst, dass dies zugleich bedeutete, dass er nicht mehr in der Lage sein würde, das RAC zu seinen Lebzeiten zu vollenden. So schlug er der damaligen Kultusministerin von Nordrhein-Westfalen, Christine Teusch, vor, als organisatorische Basis ein eigenes Institut zu gründen; rechtlicher Träger sollte ein dazu geschaffener Verein sein. Verein und Institut konnten 1955 ins Leben gerufen werden; das Institut wurde an der Bonner Universität angesiedelt, zunächst in Räumen des Hauptgebäudes, von 1963-2008 in der Lennéstraße 41; seitdem in der Oxfordstraße 15.

Darüber hinaus sorgte Klauser auch für eine breitere Basis der wissenschaftlichen Verantwortung durch die Berufung eines Herausgebergremiums, dem neben Klauser und dem Mitbegründer Waszink der Kirchenhistoriker Bernhard Kötting (selbst Dölger-Schüler), der Religionswissenschaftler Carsten Colpe und der Gräzist Albrecht Dihle angehörten. Die Trägerschaft des Instituts durch einen privaten Verein konnte keine Lösung für die Dauer sein. Bernhard Kötting nutzte daher seine Präsidentschaft der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften, um die Herausgabe des Reallexikons, des 1958 gegründeten Jahrbuchs für Antike und Christentum und der noch von Dölger und Klauser gegründeten Monographienreihe Theophaneia in den Aufgabenbereich der Akademie zu überführen; der Trägerverein wurde zu einem Fördererverein umgeformt.

Ernst Dassmann
Ernst
Dassmann

Von 1972 bis 2001 leitete der Bonner Kirchenhistoriker Ernst Dassmann das Institut, der nach dem Tod Klausers im Jahr 1984 auch die Hauptherausgeberschaft von Reallexikon und Jahrbuch übernahm.

Seit dem 1. Februar 2001 wird das Institut von Georg Schöllgen, Dassmanns Nachfolger auf dem Bonner Lehrstuhl für Alte Kirchengeschichte und Patrologie, geleitet.

Literatur

  • Th. Klauser, Das Reallexikon für Antike und Christentum und das F. J. Dölger-Institut in Bonn. Berichte, Erwägungen, Richtlinien (2. Aufl. Stuttgart 1970)
  • E. Dassmann (Hrsg.), Das Reallexikon für Antike und Christentum und das F. J. Dölger-Institut in Bonn (Stuttgart 1994)
  • ders., Entstehung und Entwicklung des "Reallexikons für Antike und Christentum" und des Franz Joseph Dölger-Instituts in Bonn, in: JbAC 40 (1997) 5-17
  • N. Borengässer, Briefwechsel Theodor Klauser - Jan Hendrik Waszink 1946-1951. Ein zeitgeschichtlicher Beitrag zur Fortführung des RAC nach dem II. Weltkrieg, ebd. 18-37

Zum Forschungsprogramm

  • E. A. Judge, "Antike und Christentum". Towards a Definition of the Field, in: Aufstieg und Niedergang der Römischen Welt II, 23, 1 (Berlin 1979) 3-58
  • J. Fontaine, Christentum ist auch Antike. Einige Überlegungen zu Bildung und Literatur in der lateinischen Spätantike, in: JbAC 25 (1982) 5-21
  • A. Dihle, Antike und Christentum, in: Forschung in der Bundesrepublik Deutschland. Im Auftrag der DFG hrsg. von Ch. Schneider (Weinheim 1983) 31-3
  • K. Thraede, Antike und Christentum, in: Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Aufl. 1 (1993) 755-759
  • H. D. Betz, Antiquity and Christianity, in: ders., Antike und Christentum. Gesammelte Aufsätze IV (Tübingen 1998) 267-290

Zu Dölger

  • Th. Klauser, Franz Joseph Dölger und sein Forschungsprogramm "Antike und Christentum" = JbAC Erg.-Bd. 7 (Münster 1980)
  • G. Schöllgen, Franz Joseph Dölger und die Entstehung seines Forschungsprogramms "Antike und Christentum", in: JbAC 36 (1993) 7- 23

Zu Klauser

  • F. W. D(eichmann), Theodor Klauser, 25. Februar 1894-24. Juli 1984, in: Mitteilungen des DAI Rom 92 (1985) 1-8
  • E. Dassmann, Theodor Klauser, 1894-1984, in: JbAC 27/28 (1984/85) 5-23.
  • Mullus, Festschrift Th. Klauser, hrsg. von A. Stuiber/A. Hermann = JbAC Erg.-Bd. 1 (Münster 1964)
  • Vivarium, Festschrift Th. Klauser zum 90. Geburtstag = JbAC Erg.-Bd. 11 (Münster 1984)

Zu Kruse

  • Norbert M. Borengässer: Helmut Kruse – ein verwehrtes Forscherleben, in: Römische Quartalschrift für Christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte. 108 (2013) 145-149

Zu Waszink

  • W. Speyer, Jan Hendrik Waszink, 1908-1990, in: JbAC 34 (1991) 5-11

Zu Dassmann

  • Stimuli, Exegese und ihre Hermeneutik in Antike und Christentum, Festschrift E. Dassmann, hrsg. von G. Schöllgen/C. Scholten = JbAC Erg.-Bd. 23 (Münster 1996)