Werkstattgruppen römischer Katakombenmalerei
JbAC Ergänzungsband 35
Die römischen Katakomben überliefern die größte und wichtigste Malereigruppe des 3. und 4. Jh. n. Chr., denn oberirdisch sind nur wenige und selten genau datierbare Malereien dieser Zeit erhalten. In den etwa 400 Jahren seit der "Wiederentdeckung" der Katakomben wurden zahlreiche Versuche unternommen, diese Malereien in ihrer Entwicklung zu ordnen und ihre Bedeutung zu erschließen. Während es über den Inhalt der dargestellten Szenen heute kaum noch Zweifel gibt, bleiben jedoch zu ihrer Intention, der Zeitstellung und den Etappen der Entwicklung nach wie vor viele Fragen offen. Bislang wurde in der Forschung das Phänomen von Wiederholungen bestimmter Malereien oder auffälliger, auf die Tätigkeit einer Werkstatt oder eines bestimmten Malers hinweisender Details kaum beachtet. Mit Hilfe dieses neuen Ansatzes können konkrete Zusammenhänge zwischen immerhin 50 Malereien analysiert werden, das sind etwas mehr als 10 % des Gesamtbestandes. Im Vergleich solcher Malereien miteinander gelingt es, das Standard-Repertoire der Handwerker von den Sonderwünschen der Auftraggeber zu unterscheiden und in das Verhältnis von Auftraggeber und Maler einzudringen. Auf diese Weise tritt auch die Intention der Bilder deutlich hervor. Die Möglichkeiten der Untersuchung von Werkstattbezügen werden den bisher üblichen Methoden der Bearbeitung von Katakombenmalereien zur Seite gestellt. Vor allem losgelöste Stilbestimmungen einzelner Bilder erweisen sich immer wieder als problematisch. Im Idealfall wie etwa den bilderreichen Katakomben der via Latina oder SS. Marcellino e Pietro gelingt es, die Entwicklungsetappen ganzer Zömeterien nachzuzeichnen und lokale Vorlieben wie Aspekte des Zeitgeschmackes herauszustellen. Die Analyse von Werkstattgruppen bietet einen neuen, direkteren Zugang zur römischen Katakombenmalerei und ist als Fallstudie methodisch für die spätantike Malerei generell von Bedeutung.
(Münster 2002)
Zimmermann, Norbert